Du allein kennst das Herz aller Menschenkinder. 1. Kön 8,39 (L)
„Das kann ganz schön unangenehm sein“, denk ich mir wenn ich diesen Satz lese. Ich bin mir ziemlich sicher, dass das was in meinem Herzen ist, das ich tief verstecke, Gott nicht immer so wahnsinnig gut gefällt. Ich bin manchmal missgünstig, häufig ungerecht, viel zu oft unbeherrscht und die Gedanken, die ich über einige meiner nächsten manchmal so denke, sind auch nicht immer voller Nächstenliebe. Wenn man sich das klar macht, lässt einen das manchmal schon verzweifeln, man möchte doch so gerne „ein guter Mensch“ sein. Gottseidank gibt es da den wunderbaren Mechanismus der Verdrängung. Der hilft einem dabei, diesen Fragen auszuweichen und ermöglicht uns, dass wir morgens in den Spiegel schauen können ohne rot zu werden. Doch leider funktioniert dies bei dem einen von uns schlechter als bei dem andern. Und an manchen Tagen klappt es gar nicht. Dann fällt die ganze Verzweiflung unserer Existenz voll ins Genick und man mag morgens kaum aufstehen und sich vom neuen Tag sagen lassen, was für ein furchtbarer Mensch man doch ist.
In solchen Momenten hilft eigentlich nur eines: sich klar zu machen, dass es einen gibt, der das eh schon alles weiß. Den wir nicht täuschen können und den wir vor allem auch nicht täuschen MÜSSEN. Der eine, der uns mit all unseren Schwächen kennt und der uns trotzdem liebt…oder vielleicht gerade deshalb.
Es ist unheimlich tröstlich für mich zu wissen, dass ich von Gott angenommen bin. Genau so wie ich bin. Dass ich mich nicht verstellen muss, nicht täuschen und nicht tricksen. Er erkennt aber nicht nur die schwachen Seiten unserer menschlichen Existenz, sondern sieht jedes unserer Bemühen, jede Anstrengung ein besserer Mensch zu werden – und er sieht uns jedes Mal wieder scheitern. Und jedes Mal freut er sich mit uns über einen neuen Anlauf und jedes Mal vergibt er uns unsere Schuld. Ganz genau so wie wir unseren Kindern vergeben.
Volker Hühn
volker.huehn@gmx.de