Monatsspruch Mai 2022: „Ich wünsche dir in jeder Hinsicht Wohlergehen und Gesundheit, so wie es deiner Seele
wohlergeht“ (3. Johannesbrief 2).
Von den 27 Einzelschriften des Neuen Testaments sind 21 apostolische Briefe. Aber nur wenige dieser Briefe haben einen so persönlichen, man könnte fast sagen privaten Charakter wie der 3. Johannesbrief. Sein Verfasser nennt sich „der Alte“; das genügte damals, um zu wissen, wer er war.
Die kirchliche Überlieferung identifiziert ihn mit Johannes aus dem Zwölferkreis der Jesusjünger. Gerichtet ist sein Brief an einen Gaius, von dem wir sonst nichts wissen. Dieser apostolische Brief beginnt, wie bis heute viele persönliche Briefe beginnen: Mein Lieber, ich hoffe, dass es Dir gut geht und Du gesund bist! Der apostolische Alte sagt es aber etwas ausführlicher und bringt dabei einen Aspekt ein, der anderswo oft fehlt. Er spricht nämlich von der Seele des Gaius und sagt: Deiner Seele geht es ja gut. Und auch sonst wünsche ich Dir Wohlergehen und Gesundheit. Der Briefschreiber unterscheidet also Seele und Körper. Die Seele ist das Denken, Fühlen und Wollen des Menschen. Als solche ist sie nicht einfach eine Funktion des Körpers, sondern steht in einer Beziehung zu ihm. Für den apostolischen Briefschreiber beschränkt sich die Seele aber nicht auf ihre Beziehung zum Körper, sondern stellt auch die Beziehung zu Gott her. Wenn also der Alte gewiss ist, dass es der Seele des Gaius wohlergeht, dann meint er die Beziehung des Gaius zu Gott. Diese Beziehung ist intakt, und das erfreut den Schreiber. Dass unsere Beziehung zu Gott intakt ist, das ist das Wichtigste, weil es über unser ewiges Wohlergehen entscheidet. Aber auch das zeitliche Wohlergehen ist für einen Christen nicht unwichtig. Die Seele lebt ja im Körper, und die kommende Erlösung gilt auch dem Körper. Deshalb wünscht der Apostel dem Gaius, dass es ihm „in jeder Hinsicht“ gut geht und er auch körperlich gesund ist. Wenn wir als Christen einander „Alles Gute!“ wünschen, dann lasst uns das gemäß dem apostolischen Vorbild sowohl auf das Verhältnis zu Gott als auch auf alle anderen Verhältnisse beziehen, in denen wir leben.
Prof. Dr. Uwe Swarat (Theologische Hochschule Elstal)