„Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch!“
Lukas 17,21,
Mit dem Reich Gottes ist es so eine Sache: Es kommt erst noch. Und gleichzeitig ist es schon da. Ganz schön paradox!
Jesus ist im Gespräch mit Pharisäern. Sie haben konkrete Erwartungen an das Reich Gottes: die Unterdrückung durch die Römer wird dann beendet sein; politische Gerechtigkeit, Friede und Freiheit werden durch die sichtbare Königsherrschaft Gottes aufgerichtet werden. Darauf hoffen sie und fragen gespannt: „Wann kommt das Reich Gottes?“. Jesus hat eine verblüffende Antwort: „Das Reich Gottes kommt nicht so, dass man‘s beobachten kann (…) Denn siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lukas 17,20f). Das Reich Gottes ist also nicht etwas, das erst in ferner Zukunft auf die Mitmenschen Jesu wartet– nein, es ist schon jetzt da: trotz und inmitten der Schikanen der Römer und aller Alltagslasten. Aber, sagt Jesus, das Reich Gottes ist eben nicht so, dass man es genau definieren, beobachten und kritisch prüfen könnte. Wie ein Senfkorn, das zum Baum heranwächst oder Hefe, die den ganzen Teig durchdringt, so breitet sich das Reich Gottes langsam aus. (Lukas 13,18ff). Es ist wie eine unsichtbare Wirklichkeit, die aufblitzt im Dasein und im Wirken Jesu.
Reich Gottes, das ist wo Verlorene wieder gefunden werden (Lukas 15), wo die Herrschaft des Geldes gebrochen wird (Lukas 16), wo Barmherzigkeit gegen Arme geschieht, wo Menschen sich vergeben, wo Kranke geheilt werden und man dankbar gegen Gott ist (Lukas 17), wo gebetet wird und Selbstgerechtigkeit der Demut weicht, wo Kinder sind, wo Gebote gehalten werden und die Nachfolge Jesu höchste Priorität hat, wo Kranke geheilt werden (Lukas 18), wo ehemals Ausgestoßene neu in die Gemeinschaft aufgenommen werden und Menschen mit den von Gott geschenkten Talenten und Gaben verantwortungsvoll umgehen (Lukas 19). Es lohnt sich, das Lukasevangelium mal durchzulesen und dabei zu fragen, was es über das Reich Gottes erzählt!
Seinen Jüngern erklärt Jesus, dass das Reich Gottes „wie ein Blitz“ und für alle sichtbar und eindeutig kommen wird (Lukas 17,24ff). Dies ist der zweite Aspekt des Reiches Gottes, die Vollendung, auf die wir noch heute warten. Gott verspricht uns, dass eines Tages seine Herrschaft unangefochten und ohne Einschränkungen gelten wird, dass die Beziehung der Menschen zu ihm wieder ganz hergestellt sein und nichts mehr zwischen uns und ihm stehen wird.
In dieser Spannung zwischen dem „schon jetzt“ und dem „noch nicht“ stehen wir jeden Tag. Und bis das Reich Gottes ganz vollendet da ist beten wir „Dein Reich komme – wie im Himmel, so auf Erden.“ (Matthäus 6,10).
Stefanie Weinmann