Reformation. Neu-Gestaltung.
In den Sommerferien waren wir auf den Spuren des Bauhauses unterwegs. Weimar und Dessau waren wichtige Stationen unserer Reise. Wir besichtigten die historischen Gebäude, und in den Museen bewunderten wir die Vielzahl der Ausstellungsstücke: Tassen, Tischleuchten, Badezimmerarmaturen, Tapeten und Gardinen… die Bauhaus-Bewegung war viel mehr als nur ein Architekturstil. Die Frauen und Männer bildeten eine Reformbewegung. Sie dachten und gestalteten den Alltag und seine Gegenstände neu. Teils radikale Vereinfachung der Formen und Abläufe, die Form folgte der Funktion. Welche Wandlung vom wilhelminischen Pomp hin zur neuen Sachlichkeit – innerhalb von nicht einmal zwanzig Jahren…
Gleichzeitig ist mir aufgefallen – wo das Bauhaus war, war Martin Luther nicht weit. Weimar und Erfurt (Augustinerkloster) liegen nach beieinander, und nach Eisenach zur Wartburg war es auch zu Luthers Zeiten nicht mehr als eine Tagesreise. Ähnliches in Sachsen-Anhalt: Von Dessau nach Wittenberg sind es gerade mal 40 Kilometer. Grund genug für uns, auch diese Städte und Stätten zu besuchen. Auch die Schlosskirche zu Wittenberg mit der berühmten Thesentür. Leider ist das hölzerne Original nicht mehr vorhanden; dafür gibt es eine schöne Bronzenachbildung mit den eingravierten 95 Thesen.
Wenn Sie diese Zeilen lesen, ist der Reformationstag in diesem Jahr bereits vorüber. Da sich die Wirkung der 95 Thesen jedoch erst nach dem 31. Oktober 1517 entfaltete, können wir uns ruhig noch im November damit beschäftigen.
Reformation, Reform – das heißt Neugestaltung. Luther wie auch später die Bauhausmenschen – sie waren alle Reformer. Sie wollten etwas alt Überkommenes überwinden und dafür etwas Neues erreichen. Für die Menschen eine Erleichterung schaffen. Eine Reduktion auf das Wesentliche – hier die gute Form, da der direkte Zugang zur Bibel. Beide wurden für ihre Ideen angefeindet: Martin Luther fand Schutz auf der Wartburg, das Bauhaus zog 1926 vom rechtskonservativ geprägten Weimar ins sozialdemokratisch regierte Dessau um, bis es Anfang 1933 nach nochmaligem Umzug in Berlin auf politischen Druck hin endgültig geschlossen wurde. Auch Luthers Ideen hätten sich ohne Unterstützung einiger Landesfürsten nicht verbreiten können.
Um etwas zu verändern, bedarf es Willensstärke. Und es braucht Mut. Denn Neues kann Ängste und damit Ablehnung hervorrufen. Auch Martin Luther war es vor dem Reichstag in Worms sicherlich mulmig zumute. Doch die innere Bereitschaft zur Veränderung war letztlich stärker.
Woher kann diese Bereitschaft, dieser Mut kommen? Kommt er alleine aus unseren Gedanken? Aus dem Zuspruch unserer Mitmenschen? – Sicherlich auch dieses. Doch es kommt noch eine weitere Kraft hinzu, die nicht aus uns selbst kommt. Die wir nicht sehen können, aber dafür spüren. Wenn wir dazu bereit sind.
Es ist das Vertrauen, das wir auf Gott haben können. Auf Gott vertrauen. Gott-Vertrauen. Darauf setzen, dass alles letztlich seinen Sinn haben wird. Auch wenn es zunächst nicht danach aussieht.
Wo sind wir bereit für Neues in unserer eigenen Lebensgestaltung?
Haben wir dazu das nötige Gott-Vertrauen? Ich wünsche es uns allen!
Elmar Kurtz